Das Datenlokal ist nicht nur ein Blog und eine Informationsquelle über Open Data und Datenjournalismus im lokalen Kontext. Es ist auch eine Anlaufstelle für Verlage und Redaktionen, die hier sowohl ihre Fragen, als auch Aufträge loswerden können. In der Kategorie [AT WORK] informieren wir euch dann immer, wenn wir etwas für andere Medien geschrieben, visualisiert oder ausgewertet haben. So geschehen am 22. Juni 2012 für den “Kölner Stadt-Anzeiger”.
Wir haben auf Seite 39 in der Printausgabe ganzseitig über Open Data in Kommunen berichtet. Was es ist, woher es kommt und wo die Chancen liegen. Leider ist es nicht online gestellt worden, daher übernehmen wir das hiermit:
Ob in der Verwaltung, in Behörden, bei Messungen oder während Sitzungen im Stadtrat und Kreistag: Überall fallen tagtäglich viele Datensätze an, die die einzelnen Einrichtungen meist unter Verschluss halten oder nur schwer zugänglich zur Verfügung stellen. Das Gegenteil dieser Praktik, nämlich der kostenlose und einfache Zugang zu Daten nennt man Open Data (z. Dt.: offene Daten). Eine Bewegung, die ihren Ursprung in den USA nahm und langsam auch nach Deutschland kommt. Hierzulande sorgen Menschen wie der Berliner Blogger Markus Beckedahl und sein Verein “Digitale Gesellschaft” für die Weiterentwicklung. Bei Open Data ist es besonders wichtig, dass jeder Bürger auf Daten zu möglichst vielfältigen Themengebieten zugreifen kann, nicht nur Politiker oder Journalisten. Ein Firmengründer kann sich so beispielsweise im Vorhinein optimal über Boden- und Luftqualität an einem potentiellen Standort informieren. Oder der interessierte Bürger, der sich gerne mehr an der lokalen Politik beteiligen möchte, kann sich schon vor einer
Sitzung im Stadtrat die Daten und Fakten anschauen und sich ein umfassendes Bild der Thematik machen. Durch das Internet sind sowohl die Politik als auch die Verwaltung heutzutage in der Lage diese Daten technisch unkompliziert und für den Bürger komfortabel zur Verfügung zu stellen. Zu den großen Vorteilen von Open Data gehört, dass die Bürger durch die Transparenz wieder mehr Vertrauen in die Lokalpolitik gewinnen, da sie detailliert einsehen können, was in ihrer Stadt vor sich geht. Das würde auch geringen Wahlbeteiligungen zu Gute kommen. Auch der Euskirchener NRW-Landtagsabgeordnete Klaus Voussem (CDU) hat sich im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu Open Data bekannt und stellt fest: „Das ist die Zukunft!“. Außerdem verspricht er das Thema mit in den Stadtrat zu bringen, indem bisher noch nie über dieses Thema debattiert worden ist.
Das Gespräch.
KStA: Herr Voussem, wie stehen Sie zu dem Ansatz Daten und Statistiken für alle Bürger im Internet frei zugänglich zu machen?
Klaus Voussem: Ich bin sehr daran interessiert, jedwede neue Form von Bürgerbeteiligung, Kommunikation und Bürgerpartizipation zu erreichen. Ich finde das ist ein sehr spannendes Thema – sage aber auch vorweg, dass Open Data nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt. Ich bin von Hause aus Jurist und komme natürlich schnell auf des Pudels Kern, also auf die Themen Urheberrechte, Markenschutzrechte, Inhaberrechte und Patentrechte.
Sie sind Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt und Planung im Stadtrat Euskirchen. Was spricht denn konkret gegen eine freie Zugänglichkeit von Daten zu Luft- oder Wasserqualität? Diese können doch mit dem Urheberrecht nicht in Konflikt geraten?
Nein, gar nicht. Deshalb muss man sich die Details genau angucken. Aber auch Klima- und Wetterdaten werden natürlich von jemandem erhoben.
Es soll nun aber mehr um Daten gehen, die die Stadtverwaltung selbst erhoben oder zu deren Erhebung die Stadt den Auftrag erteilt hat. Was spricht gegen die Veröffentlichung eigens erhobener Daten?
Es geht im Wesentlichen, um die Herkunft der Daten und nicht um die Daten selbst. Wenn Rechte Dritter nicht tangiert sind und die Daten vorliegen, dann spricht sicherlich nichts dagegen solche Daten freizugeben. Im Bereich der Planung, gibt es eine Menge Kartenmaterial, das z.T. auch satellitengestützt ist. Diese Karten muss man bezahlen. Wenn man den Standpunkt einnimmt, dass dieses Material kostenlos sein müsse, dann stellt sich die Frage wer dieses Material dann noch pflegt? Wenn man das (System) so organisieren könnte, dass von Hause aus diese Daten frei sind und nicht zu viele Kosten an der Kommune hängen bleiben, kann man sicher über eine Datenverfügbarkeit nachdenken.
Welche Datensätze würden Sie denn für eine Veröffentlichung favorisieren?
Wetterdaten, topographische Daten sowie demographische und soziale Daten, wobei man da schon schauen muss, welche Daten nicht schon frei verfügbar sind. Wir haben ein Ratsinformationssystem in denen Sie Dokumente und Protokolle erhalten können. Wenn wir im Rat bald z.B. über die Sozialraumanalyse oder den Schulentwicklungsplan debattieren, können Sie sich das schon heute anschauen.
Zu Open Data gehört auch eine unkomplizierte Suche und Verfügbarkeit. Die ist im Ratsinformationssystem aber nicht gegeben.
Ich gebe Ihnen Recht, diese Daten sind verfügbar aber man kommt nicht einfach daran. Es wäre sicher auch die Aufgabe der Politik über den Abbau von Barrieren zum Zugang nachzudenken. Das ist völlig richtig. Eine ganze Menge Daten über die Stadt gibt es schon und ich würde mir wünschen, dass sich mehr Bürgerinnen und Bürger dafür interessieren.
Sie haben die Barrieren angesprochen: Welche Barrieren müssen denn abgebaut werden?
Zur besseren Verfügbarkeit gehört ein ansprechender Internetauftritt der Stadt Euskirchen. Der ist zwar informativ, aber doch etwas in die Jahre gekommen. Als aktiver Nutzer wünsche ich mir doch eine Schlagwortsuche. Das ist bei uns doch etwas suboptimal gelöst. Ich muss doch sehr konkret suchen bevor ich an Informationen komme. Auf diesem Weg haben manche schon aufgegeben. Das geht mir ja selber so. Da haben wir sicher noch Optimierungspotenzial gerade in der Stadt Euskirchen.
Würden Sie denn diesbezüglich eine Debatte anstoßen?
Ich bin dafür, dass wir so eine Debatte führen. Offene Daten in Kommunen sind einfach die Zukunft. Da werden wir uns hin entwickeln, in welchem Tempo auch immer. Es wird abzuwarten sein, was umsetzbar ist, aber es ist ein großer Bereich mit dem sich sowohl die Verwaltung als auch die Politik einer Kommune beschäftigen muss. Da führt gar kein Weg dran vorbei. Wir wollen über das Thema e-Goverment hinaus mit der Verwaltung sprechen. Ich könnte mir vorstellen, dass sich jedes Ratsmitglied mal „best-practice“-Beispiele anschaut und man sich in einer Runde zusammen setzt mit den Fachleuten aus der Verwaltung, die das bewerten.
Herr Voussem, wir sind gespannt und bedanken uns für dieses Gespräch!
Foto: Felix Groell